Der Rieshof

 "...um das Halbe zu Nutzen und Nießen in Früchten, Obst und Wein..."      

 Die Geschichte des Riesguts...

  • Zurückgehend auf Konrad von Riese 1145
  • Später im Besitz von Werner von Ortenberg
  • 1350 Verkauf an den Edelknecht Heinrich von Strassburg
  • 1387 Verkauf an die Franziskaner zu Offenburg
  • Baldiger Verkauf an die Familie Mollenkopf (Adliges Lehensgeschlecht der Äbte von Gegenbach), Vergrößerung des Besitzes und der Rechte
  • 1593 Verkauf des Schlösschens und der Ökonomiegebäude an die Knebel von Katzenelnbogen (Herkunft Burg Lichtenberg, Stadt Lindenfels, Odenwald, eine Frau aus dieser Familie (Ottilie von Katzenelnbogen 1453 bis 1517 war mit dem Markgrafen Christoph I von Baden 1453 bis 1427 verheiratet
  • 1649 Verkauf an Franz Cattani, königlich hispanischer Oberkomissar und Generalproviantmeister, erstmals wirtschaftliche Verwaltung des Gutes nachweisbar, seit dieser Zeit Belehnung an Bauern um "... das halbe zu Nutzen und Nießen in Früchten, Obst und Wein..."
  • 1659 Verkauf des Gutes durch die Witwe Eva Cattani an Jakob Heinrich von Neuenstein (Besitzungen damals: Schloss, Meierhof mit Nebengebäuden, 58 Jeuch Äckern, 11 einhalb Tauen 3 Viertel Matten, 10 Jeuch Reben und 3 ein halb Jeuch Wald, 1 Jeuch entspricht  0,58 Hektar))
  • Neuenstein klagt bei der Reichsritterschaft die Witwe Cattanis die nunmehrige Frau Vogelbach an, weil diese angibt die "ducumenta" verloren zu haben
  • Verkauf an den Obristen Alexander von Göcking
  • 1686 Verkauf der Witwe Maria Johanna von Göcking an Abt Placidus, Prior und Konvent des Gotteshauses Gengenbach
  • 1689 wird die Stadt Offenburg im pfälzischen Erbfolgekrieg fast vollständig zerstört, am 16.09.1689 tagt der Offenburger Stadtrat im Rieshof
  • Im Jahr 1738 Streit mit Franz Jakob Christian Böcklin von Böcklinsau, Mitglied der Ortenauer Ritterschaft, er verlangte die Herausgabe des Riesgutes "zum billigen Wert"
  • 1768 Hinterlegung des Kaufschillings durch den Freiherr von Ried und Bestellung eines Advokaten in Wien, Audienz beim Kaiser Joseph II in Wien, dieser sprach am 9. Dezember 1774 Recht..." 85 Jahre besitze das Gotteshaus nun das Gut mit "Wissen und Behelligung" der Ritterschaft, " das beklagte Gotteshaus sei nach denen besonderen, bei dieser Sache einschlagenden Argumenten nach freizusprechen".
  • 1803 infolge der Säkularisierung kommt  das Riesgut an das Haus Baden
  • 1807 bis 1808 wird der Besitz aufgeteilt, 69 Kaufbriefe werden ausgestellt, die Hauptsache mit dem Schlösschen und dem Rebhaus geht an den Oberbürgermeister Gottwald von Offenburg
  • Die Gottwaldschen Erben verkaufen 1907 an Bernhard und Barbara Litterst
  • Diese vererben den Besitz 1947 an die Kinder Elisabeth, Ludwig, Maria und Xaver
  • Im Jahr 1980 ist der Hof im Besitz der Eheleute Ludwig und Marianne Litterst und der Schwestern von Ludwig Litterst, Elisabeth Kaufmann und Maria Litterst
  • 2004 ist der Hof nach dem Tod von Maria Litterst (1986) und Ludwig Litterst (1990), sowie Elisabeth Kaufmann (2004) im Besitz von Marianne Litterst und deren Kinder Marlies, Reinhild, Hannelore, Christa und Annegret...
  • 2010 erwirbt Marcus Jogerst, der Sohn von Christa, den Hof von den Erben seiner Großeltern (Marianne und Ludwig Litterst) und seiner Großtante (Elisabeth Kaufmann)

Wissenswertes!

Geschichtsverklärung und Legendenbildung sorgen manchmal dafür, dass nach einigen Jahren Informationen unpräzisse wiedergegeben werden. Zuletzt wurde die tatsächliche Geschichte des Hofes wieder einmal in einem Pressartikel des Offenburger Tageblatts vom 03.09.2011 sehr undeutlich dargestellt. Da wir weder in einem rund 800 Jahre alten Gebäude wohnen noch eine Ritterrüstung im Hausflur steht, möchte ich hier einen etwas realistischen Blick auf die tatsächliche Geschichte des heutigen Rieshofes lenken.

Zweifelsohne ist der heutige Rieshof das letzte repräsentative Gebäude, dass seinen Ursprung im Riesgut hat. Aber der heutige Rieshof hatte bis zum Ende des Riesgutes nach der Säkularisierung eine eher ökonomische Funktion innnerhalb des Gutes. Nach langer Recherche und Studium vieler Mirkofilme und Verträge, nach Begutachtung eines erfahrenen Zimmermanns innerhalb des Gebäudes, kann davon ausgegangen werden, dass der heutige Rieshof bis ca. 1803 das Rebhaus des Riesgutes war. Das Rebhaus an sich darf auf das 16. oder 17. Jahrhundert datiert werden.

Hierfür sprechen auch die bis Anfang des 20. Jahrhunderts vorhandene Scheune auf der Nordseite des Hofes. Sie war der Form nach so gestaltet, dass in ihr eine Balkentrotte Platz finden konnte, wie man sie in alter Zeit verwendete. Vermutlich nachdem Oberbürgermeister Gottwald das Gebäude (Rebhaus!)zwischen 1807 und 1808 erwarb wurden am Ökonomiegebäude umfangreiche Anbauarbeiten, sowohl auf der West-, als auch auf der Ostseite vorgenommen. Sowohl der von mir beauftragte Zimmermann als auch das Denkmalschutzamt Freiburg bestätigte, dass die Wohngebäude an den Stirnseiten des Hauses maximal 200 Jahre alt wären. In dieser Zeit wurden auch an das Satteldach des Rebhauses das Krüppel- Walmdach auf der Westseite und das Walmdach auf der Ostseite angebaut. Das Gebäude erhielt also erst Anfang des 19. Jahrhunderts sein imposantes Aussehen.

Im Dachstuhl unseres Hofes findet man alte Fachwerkwände, die ohne Funkion sind und oben nicht an den heutigen Dachstuhl anschliessen. Sie gehen vermutlich auf den alten Dachstuhl des Rebhauses zurück.

Ob der Bürgermeister Gottwald von Offenburg tatsächlich 1808 das ehemalige Wasserschlösschen miterworben hat, ist nicht verifizierbar. Verifizierbar ist aber, dass er das Rebhaus erwarb (die Aufteilung nach der Säkularisierung ist bei der Ortsverwaltung Fessenbach einzusehen). Ebenfalls gesichert darf man sehen, dass ein Teil des Baumaterials für die rege Bautätigkeit Anfang des 19. Jahrhunderts vom Wasserschlösschen kam. Zwischen den ausgemauerten Gefachen fanden sich unübliche Bruchsteine und Sandsteine, die zum Teil mit Ornamenten verziert waren. Auch bei der Neuschaffung des Fundamentes auf der Nordseite wurden im alten Fundament Steine gefunden, die man wohl kaum kunstvoll behauen hatte um sie zu vergraben. Vermutlich brauchte die Romantik etwas länger bis sie im Rebland ankam. Eigentlich war man in dieser Zeit ja alten Gebäuden schon sehr zugetan. Möglicherweise war das Schlösschen auch schon zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als ein Haufen Steine.

Wo das Wasserschloss tatächlich einmal stand ist nicht mehr sicher zu klären. Aufgrund des Geländeverlaufes kann aber davon ausgegangen werden, dass es sich auf unserem Grundstück oder zumindest teilweise auf unserem Grundstück befand.

Von den ehemaligen Gebäuden des Riesgutes steht heute nur noch der Rieshof und die Hälfte eines Doppelhauses. Die anderen Gebäude sind leider inzwischen alle ein Opfer der Abrißbirne geworden.

Geschichte verdient Respekt, auch wenn sie im Einzelnen manchmal Detailarbeit erfordert. Wir wohnen gerne in dem Haus von Herrn Gottwald und fühlen uns auch auf dem historischen Boden über den wir jeden Tag laufen sehr wohl. Zudem ist der Platz den wir im und um das Haus haben ein Luxus, der sich heute in dieser Lage kaum noch bezahlen lassen dürfte.